Interview - 60 Jahre Sallingstadt im Wandel

Sallingstadt

Der 60. Geburtstag unseres Bürgermeisters Josef Schaden ist Anlass für dieses Interview. Wir möchten sowohl zurückblicken als auch den Blick nach vorne richten.

Lieber Josef, du bist in Sallingstadt geboren und aufgewachsen. Du hast hier dein Haus gebaut, deine Kinder großgezogen und warst dabei immer in der Mitte der Gesellschaft. Wenn du zurückblickst, was hat sich die letzten 60 Jahre verändert?
Jeder ist ein Kind seiner Zeit, in der man groß geworden ist. Erst wenn man genauer darüber nachdenkt, fällt mir auf, wie sehr sich alles geändert hat, da Veränderungen meist langsam und fast unbemerkt stattfinden.
Wenn ich mich so zurückerinnere, sind es zum einen die Veränderungen in der Landwirtschaft. In meiner Jugend waren Feld, Wald und Wiesen mehr wert. Es wurde jedes noch so kleine Fleckerl bewirtschaftet und sogar die Raine gemäht und zu Heu weiterverarbeitet, genauso wie die Straßengräben.
Zum anderen in der Infrastruktur, da ist viel verloren gegangen – ich ging noch im Dorf zur Schule, Geschäfte (wir hatten mal 2 davon), Bäckerei, die Milchsammelstelle, und wir hatten in meiner Jugend drei Wirtshäuser.
Der Wohlstand – aber wie soll ich den beschreiben, wir hatten immer auch in meiner Jugend genug. Vielleicht nicht drei Fernseher im Haus, eigentlich nicht einmal einen, da ging ich oft zur Familie Edelmaier, um mir „Raumschiff Enterprise“ anzuschauen, aber es ging mir sehr gut.
Die Dorfgemeinschaft ist heute wesentlich stärker ausgeprägt. Warum das so ist liegt meiner Meinung nach einerseits an dem, dass wir große gemeinsame Projekte wie den Pfarrerteich und das Jugendgästehaus mit Dorfwirtshaus umgesetzt haben und jeder das Ergebnis des „Miteinander“ angreifbar sieht. Andererseits waren es bei uns die handelnden Personen in den Vereinen, der Feuerwehr, der Gemeinde und der Jugend, die diese Gemeinschaft gelebt und vorgelebt haben. Aber das ist auch langsam gewachsen. Bei den ersten Teichfesten war die Jugend nur „geduldet“, und wir durften als Statisten mitmachen. Aber wir waren das erste Dorf, wo drei Vereine ein gemeinsames Fest zusammen machen.

War es diese Gemeinschaft, die Sallingstadt zu dem gemacht hat, was es heute ist?
Klares JA. Um diese Gemeinschaft beneiden uns viele, und dabei nicht nur um unsere Projekte, sondern auch um unseren Umgang untereinander und miteinander und unsere Art, wie wir an neue Herausforderungen herangehen. Wir haben aber auch das große Glück, ausgesprochen viele Personen zu haben, die sich engagieren, auch über unser Dorf hinaus. Eine Dorfgemeinschaft so wie unsere ist aber keine Selbstverständlichkeit, sonern ein „zartes Pflänzchen“, das ständig gepflegt werden muss.

Zahlreiche Persönlichkeiten haben unseren Ort gestaltet und geprägt. Welches Zitat soll den Menschen von dir in Erinnerung bleiben?
Weiß nicht. Ich habe und ich nutze meine Zeit - und die nächsten werden es wieder tun. Ich liebe zwar Zitate, aber mit Ratschlägen habe ich es nicht so. Vielleicht eins, das ich immer gerne sage und auch so erlebe: „Es gibt nichts Besseres als was Gutes!"

Gibt es etwas in deinem Leben, worauf du dir besonders stolz bist?
Ganz leichte Frage: Dass ich so eine großartige Frau und Familie habe. Sie ist mein großes Glück, meine Kraftquelle und mein ganzer Stolz. Ich bin ein Familienmensch, und ich liebe es, wenn das Haus voller Leute ist.
Und, ein bisserl darauf, was man im Leben mit Glück und Ausdauer schaffen kann.

Jiroemon Kimura war mit 116 Jahren der bisher älteste dokumentierte Mann auf dieser Erde. Wenn du 120 Jahre alt werden solltest, was denkst du wird sich in Sallingstadt verändern, und was wird gleich bleiben?
Ich bin kein Zukunftsforscher und kein Hellseher, aber ich bin in meiner Grundeinstellung Optimist, und davon leiten sich meine Überlegungen ab.
Ich weiß noch nicht, wie wir mit der Informationsflut und dem Wissen umgehen werden, bevor es uns überfordert und erschlägt. Ich glaube aber: Weniger ist mehr. Wir werden draufkommen, dass wir nicht alles wissen können und dass das auch nicht notwendig ist.
Die Gemeinschaft wird noch mehr an Bedeutung gewinnen, die Einzelkämpfer werden es nicht leicht haben. Jeder kann, wird und will auch seinen Beitrag zur Dorf- und Gemeindeentwicklung machen.
Ich glaube, dass es weiterhin und auch in 60 Jahren eine Aufwärtsentwicklung und eine Verbesserung der Lebensqualität geben wird. Warum ich das so sehe: Ich bin seit 45 Jahren in der Raiffeisenbank beschäftigt. Seit ich mich erinnern kann, höre ich immer wieder den einen Satz: „So kann es nicht weitergehen, es kann nur noch schlechter werden“. Und das seit 45 Jahren, und es ist jedes Jahr wieder etwas besser worden.
Was gleich bleiben wird: Wer ein Stadtmensch ist, wird weiterhin die urbane Welt bevorzugen, und wer das Land liebt, so wie ich, der wird sein Glück und seine heile Welt in Sallingstadt finden.

Lieber Josef, danke für das Gespräch!